Michaela Vidláková

Michaela Vidláková, geboren 1936 als Michaela Lauscherová in Prag, Jüdin. Sie überlebte mit ihren Eltern das Konzentrationslager Theresienstadt. Die Großeltern und ein Onkel wurden in Auschwitz und Treblinka ermordet.

Eine alte Frau sitzt in einem Sessel und lacht.
Foto: Michaela Vidláková beim Interview mit dem Erinnerungsort Topf & Söhne in Prag, 2013 Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Es genügt nur ein Wort: Toleranz. Verständnis füreinander, kein Hass gegeneinander, auch wenn es manchmal nicht leicht ist.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

historisches Schwarz-Weiß-Foto von einem kleinen Mädchen
Foto: Michaela Vidláková im Alter von fünf Jahren, Sommer 1942, wenige Monate vor der Deportation nach Theresienstadt Foto: © Michaela Vidláková

Michaela Vidláková wurde am 30. Dezember 1936 als einziges Kind von Irma und Jiří Lauscher in Prag geboren. Die Eltern entstammten tschechisch-jüdischen Familien und hatten sich in der zionistischen Jugendbewegung kennengelernt. Nach der Besetzung Prags durch die deutsche Wehrmacht im März 1939 verlor der Vater seine Stelle als technischer Direktor einer Pelzfabrik. Er kam als Arbeiter in einer Holzwerkstatt unter. Die Mutter unterrichtete an der Jüdischen Schule in Prag bis zu deren Schließung im Sommer 1942. Die Familie musste ihre Wohnung verlassen, ein deutscher Offizier quartierte sich dort ein. Vermittelt durch die jüdische Gemeinde kamen sie in einer Zwei-Zimmer-Wohnung unter, die sie sich mit zwei Familien teilen mussten.

Im Dezember 1942, wenige Tage vor Michaelas sechstem Geburtstag, erhielt die Familie die Aufforderung zur Deportation. Zusammen mit 1000 Menschen wurde sie in das KZ Theresienstadt verschleppt. Die Großeltern von Michaela waren bereits dorthin deportiert worden. Sie starben in den Vernichtungslagern Auschwitz und Treblinka. Auch ein Bruder ihres Vaters wurde in Auschwitz ermordet.

Bei der Aufnahme in Theresienstadt gelang es dem Vater wegen seiner Tätigkeit in der Holzwerkstatt, als Zimmermann im Bauhof eingeteilt zu werden. Als Betreuerin im Kinderheim unterrichtete die Mutter trotz des strengen Verbotes der SS die Kinder und Jugendlichen, darunter auch die eigene Tochter. Kurz nach der Ankunft erkrankte Michaela schwer. Sie war ein Jahr im Kinderkrankenhaus und lernte dort einen gleichaltrigen jüdischen Waisenjungen aus Berlin kennen. Von ihm lernte sie die deutsche Sprache. Er wurde im Sommer 1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Als im Herbst 1944 die Massendeportationen nach Auschwitz begannen, stand auch der Name ihres Vaters Jiří Lauscher auf der Transportliste. Die Mutter wollte ihn mit der Tochter begleiten, doch der Vater war dagegen. Nach einem Unwetter brauchte die SS kurz vor Abfahrt des Zuges Handwerker für die Reparatur einer ihrer Baracken. Jiří Lauscher meldete sich und entkam so dem Vernichtungslager.

Am 8. Mai 1945 erreichte die Rote Armee Theresienstadt. Nach der Befreiung kehrte Michaela mit ihren Eltern nach Prag zurück. Ihre Mutter betreute die aus den Lagern zurückgekehrten jüdischen Kinder. Der Vater arbeitete in der Botschaft des 1948 gegründeten Staates Israel. Dorthin wollte auch die Familie auswandern, doch die tschechoslowakischen Behörden lehnten dies wiederholt ab. 1953 wurden die drei beim Grenzübertritt verhaftet. Die 16-jährige Michaela wurde ein halbes, ihre Eltern ein Jahr inhaftiert. Michaela wurde des Gymnasiums verwiesen und musste arbeiten gehen. Nach ihrem Abitur auf der Abendschule studierte sie in Prag Biologie und Chemie und war in der Forschung tätig. Sie heiratete und bekam einen Sohn. Die Eltern engagierten sich bis zu ihrem Tod für die Erinnerung an den Holocaust. Ihr Vermächtnis führt Michaela Vidláková bis heute weiter.