1945: Das Schweigen nach dem Krieg Vortrag und Gespräch mit Sabine Bode, Journalistin und Buchautorin

24.09.2013 10:00

Je länger der Zweite Weltkrieg zurückliegt, umso mehr beschäftigt er die Deutschen.

Folgen des Zweiten Weltkrieges

Nicht wenigen Angehörigen der Kriegskindergeneration wird erst im Alter bewusst, in welchem Ausmaß der über sechs Jahrzehnte zurückliegende Krieg, die Vertreibung und die Massenverbrechen in deutschem Namen Spuren in ihrem Leben hinterlassen hat. Die Journalistin Sabine Bode gehörte vor über zehn Jahren zu den ersten, die sich den Erfahrungen der zwischen 1930 und 1945 geborenen Deutschen, der "Vergessenen Generation der Kriegskinder", zugewandt hat. Wie haben sie ihre frühen Erfahrungen mit Gewalt, Bomben, Flucht, Hunger und Tod in der Familie verkraftet? In welchem Ausmaß blieb das spätere Leben davon geprägt?

Zu Recht hat im Bewusstsein der Deutschen die Auseinandersetzung mit den nationalsozialistischen Verbrechen und das Leiden der Opfer Vorrang. Doch die Kriegskinder waren zu jung, um Täter zu sein. Sie sind aufgewachsen mit der Schuld einer Mittätergesellschaft, zu der ihre Eltern gehören. Scham und Schweigen in den Familien erschwerten den Kriegskindern den Zugang zu den eigenen seelischen Verletzungen. Inzwischen weiß man, dass ein Drittel jener Menschen, die ihre Kindheit oder Jugend im Krieg verbrachten, noch heute von den Spätfolgen belastet sind. Gerade bei den damals noch sehr kleinen Kindern, die sich kaum oder gar nicht an das Kriegsgeschehen erinnern können, werden heute die größten Beeinträchtigungen sichtbar. Viele klagen über psychosomatische Beschwerden, vor allem über immer wiederkehrende Depressionen, unerklärliche Schmerzen oder Panikattacken. Vielen Kriegskindern ist es heute wichtig, die seelischen Belastungen aus ihrer Kinderzeit zu identifizieren und zu mildern. Im Kern geht es um die Frage: Was brauche ich, um gut alt zu werden? Auch bei den Kindern der Kriegskinder zeigt sich ein wachsendes Interesse an der Aufarbeitung der Kriegsfolgen in ihren Familien. Bis in die zweite und dritte Generation haben das Verschweigen und tief sitzende Verunsicherungen Biographien gelähmt.

1945: Das Schweigen nach dem Krieg
Vortrag und Gespräch mit Sabine Bode
am Dienstag, 24. September, um 19 Uhr
im Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7

Eintritt frei. Spenden sind willkommen.

Die Veranstaltung mit Sabine Bode ist die erste der Reihe "Das große Schweigen und seine Folgen", die vom Erinnerungsort Topf & Söhne, der Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen e.V. und der Stiftung Ettersberg gemeinsam organisiert wird. In einer zweiten Veranstaltung am 1. Oktober mit dem Thema "DDR: Schweigen in der Diktatur" wird in der Gedenkstätte Andreasstraße die Frage gestellt, wie in der ostdeutschen Nachkriegsgesellschaft über den Nationalsozialismus gesprochen wurde, welche Sprechverbote herrschten und wie die Menschen in der Revolution von 1989 ihre Stimme wiederfanden. Referentin ist die Buchautorin und Professorin Ines Geipel. Um "Heute: Die Folgen des Schweigens" geht es in einer dritten Veranstaltung am 14. Oktober im Kunsthaus Erfurt. Nicht zufällig wurde als Veranstaltungsort die Galerie gewählt, die vor über einem Jahr zum Tatort rechtsextremistischer Gewalt wurde. Moderiert von Professor Alexander Thumfart diskutieren die Historikerin Annette Leo und der Journalist Thoralf Staud über die Kontinuitäten des Schweigens und die Ansätze, dem zu entgehen. Denn: Schweigen fördert Apathie, eine lebendige Zivilgesellschaft diskutiert miteinander.