Bundesarbeitsrichter liest aus Jurek Beckers Roman "Jakob der Lügner"

13.09.2012 10:00

Im Juli 1937 begannen Häftlinge aus verschiedenen deutschen Konzentrationslagern auf dem Ettersberg nördlich von Weimar ein neues Lager zu errichten: Buchenwald.

Veranstaltung der Erfurter LesArten anlässlich des 75. Jahrestages der Errichtung des KZ Buchenwald

Bis zu seiner Befreiung am 11. April 1945 durch amerikanische Truppen sollte es für 250.000 Menschen aus allen Ländern Europas zu einem Ort des Schreckens und der Tyrannei werden. Schon im ersten Jahr forderten die unmenschlichen Bedingungen 53 Todesopfer, bis zum Ende des Krieges stieg die Zahl auf 56.000 an.

Einen wichtigen Beitrag für das Funktionieren der nationalsozialistischen Tötungseinrichtungen leistete die 1878 gegründete Erfurter Firma J.A. Topf & Söhne, die Hersteller von Mälzerei-, Heizungs- und Lüftungsanlagen, von Speicherbauten und seit 1914 auch von Feuerbestattungsöfen für städtische Krematorien war. 1939 begann sie, die SS mit speziell für Konzentrationslager entwickelten Leichenverbrennungsöfen zu beliefern, so auch für das in Sichtweite gelegene KZ Buchenwald. Höhepunkt der Zusammenarbeit mit der SS war dann die Planung und Errichtung der "Todesfabriken" in Auschwitz-Birkenau zwischen 1941 und 1943.

An diesem Erinnerungsort wird Christoph Schmitz-Scholemann, Bundesarbeitsrichter und Vorsitzender des Thüringer Literaturrats e.V., aus Jurek Beckers Roman "Jakob der Lügner" lesen: Es ist reiner Zufall, dass Jakob Heym die Radiomeldung aufschnappt, die Russen hätten schon ein nicht weit entferntes Städtchen eingenommen. Und da ihm sein Freund Mischa die Wahrheit nicht glaubt, greift er zu einer Notlüge: Er sei der Besitzer eines Radios. Und diese Lüge verändert das Leben der Bewohner des jüdischen Ghettos auf eine unglaubliche Art und Weise. Plötzlich gibt es wieder Hoffnung auf ein freies Leben und die Selbstmordrate im Ghetto sinkt praktisch auf Null. Doch das vermeintliche Radio und dessen erfundene Nachrichtenmeldungen belasten Jakob mehr und mehr.

"Jakob der Lügner" ist das erfolgreichste Buch des Schriftstellers Jurek Becker, der 1939 als Kleinkind mit seinen Eltern ins Ghetto von Łódź deportiert wurde und 1944 mit seiner Mutter zunächst ins KZ Ravensbrück und später nach Sachsenhausen kam. Internationales Aufsehen erlangte die DEFA-Verfilmung aus dem Jahr 1974 unter der Regie von Frank Beyer, die der DDR die einzige Oscar-Nominierung für den besten ausländischen Film einbrachte.

Die Lesung am Donnerstag, den 13. September 2012, beginnt um 20 Uhr im Erinnerungsort Topf & Söhne im Sorbenweg 7. Karten zu 6,00 Euro (ermäßigt 3,00 Euro) sind in der Buchhandlung Peterknecht und an der Abendkasse erhältlich.

Unter dem Motto "... das Wort sucht sich den Ort" führt der Erfurter Literaturverein die Reihe "Erfurter LesArten" an ganz unterschiedlichen Orten durch.