Aufruf zur Aktion des Gedenkens im Erfurter Hauptbahnhof

09.05.2012 10:00

Am 9. Mai 2012 gedenken wir der ersten Massendeportation aus dem Raum Thüringen und Sachsen.

Gedenkveranstaltung anlässlich der Deportation von 101 Erfurterinnen und Erfurtern vor 70 Jahren am 9. Mai 2012 von 6:00 bis 8:00 Uhr am Erfurter Hauptbahnhof

Warum wir gedenken

Am 9. Mai 2012 gedenken wir der ersten Massendeportation aus dem Raum Thüringen und Sachsen. Das offizielle Deportationsdatum ist der 10. Mai 1942. Insgesamt verschleppten die Nationalsozialisten an diesem Tag 1002 Menschen, darunter 513 aus Thüringen. Ziel der Deportation war das Ghetto Bełżyce in der Nähe von Lublin/ Polen. Von den 101 Männern, Frauen und Kindern aus Erfurt, die bei dieser Aktion in das Ghetto Bełżyce verschleppt wurden, überlebte niemand. Sie erlagen den unmenschlichen Bedingungen im Ghetto Bełżyce, wurden dort, im KZ Majdanek oder in anderen Vernichtungslagern ermordet. 

Die 101 Erfurterinnen und Erfurter mussten ihre Fahrt nach Weimar selbst bezahlen wie auch die weiteren Transportkosten. Die Gestapo zwang sie in einer Viehauktionshalle in Weimar zu warten. Am 10. Mai 1942 wurden sie mit der Reichsbahn in ein Ghetto im polnischen Bełżyce verschleppt. 

Das zurückgelassene Eigentum, die Wohnungen und das Vermögen beschlagnahmten die staatlichen Behörden. Zur Konfiszierung des Vermögens von Deportierten war eine Sonderverordnung erlassen worden. Sie besagte, dass "ein Jude, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat", die deutsche Staatsbürgerschaft verlor; automatisch brachte das den "Vermögensverfall" mit sich. Die Deportation von Juden in die Ghettos und Vernichtungslager im Generalgouvernement legalisierte somit den Raub ihres Eigentums. 

Wie wir gedenken

Stellvertretend für alle in der Shoa Ermordeten gedenken wir am 9. Mai 2012 der 101 deportierten Erfurterinnen und Erfurter am Hauptbahnhof. An diesem Tag vor 70 Jahren wurden sie von der Gestapo gezwungen, sich um 6:00 Uhr auf dem Erfurter Bahnhof zu versammeln und um 7:40 Uhr zunächst nach Weimar zu fahren. Die Gedenkveranstaltung beginnt deshalb um 6:00 Uhr.

Für das namentliche Gedenken an die 101 Erfurterinnen und Erfurtern werden wir Gedenkblätter im Bahnhof auslegen und jedem Menschen eine Blume widmen. Passanten und Reisende werden mit Handzetteln über die historischen Ereignisse informiert. 

Begleitet wird die Aktion von Durchsagen über die Bahnhofslautsprecher, um 6:00 Uhr zur erzwungenen Versammlung, um 7:00 Uhr sowie um 7:40 Uhr zur Abfahrt des Zuges Richtung Weimar.

Um 7:40 Uhr mussten die 101 Erfurterinnen und Erfurter ihre Heimatstadt verlassen. Zu diesem Zeitpunkt wird Oberbürgermeister Andreas Bausewein einen Kranz an der Gedenktafel (am Zugang zu den Gleisen 3 bis 8 von der Bahnhofstraße aus) niederlegen. Herr Udo Markewitz wird von Seiten der Deutschen Bahn anwesend sein. Avitall Gerstetter, die erste jüdische Kantorin in Deutschland, wird singen.

Wir gedenken der Erfurter Bürgerinnen und Bürger, die aus menschenfeindlichen und antisemitischen Motiven ermordet wurden.

(Ge-)denken Sie mit?

Wir freuen uns, wenn Sie uns am 9. Mai 2012 von 6:00 bis 8:00 Uhr durch Ihre Anwesenheit oder durch Ihre Mithilfe, beispielsweise beim Verteilen der Handzettel, unterstützen, diese historischen Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Gedenken Sie mit uns um 7:40 Uhr an der Gedenktafel.

6:00 Uhr
Gedenken an die 101 Erfurterinnen und Erfurter, die am 9. Mai 1942 von Erfurt aus deportiert wurden mit Gedenkblättern, Blumen und Handzetteln in der Bahnhofshalle

7.40 Uhr 
Kranzniederlegung an der Gedenktafel (Zugang zu Gleis 3-8 von der Bahnhofstraße) mit Andreas Bausewein, Oberbürgermeister,
Udo Markewitz, Deutsche Bahn, Bahnhofsmanagement Erfurt, und
Avitall Gerstetter, die erste jüdische Kantorin in Deutschland

7:00 bis 9:00 Uhr
Themensendung bei Radio Frei., 
7.00 - 9.00 Uhr, UKW 96,2 MHz