Veranstaltungsbericht zur Dritten Verleihung des Jochen-Bock-Preises

28.06.2019 20:00

Dieses Jahr wurde zum dritten Mal der Jochen-Bock-Preis für Zivilcourage verliehen. Preisträger waren Heino Falcke, Irmela Mensah-Schramm und Reinhard Schramm.

Foto: Die Preisträger Reinhard Schramm, Irmela Mensah-Schramm und Heino Falcke (v. l.), hinter ihnen Michael Karg, Vorsitzender der Martin-Niemöller-Stiftung, Julia Braband, Walter Homolka, Martina Renner, Rüdiger Bender, Vorsitzender des Förderkreises, und Annegret Schüle, amtierende Direktorin der Erfurter Geschichtsmuseen Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Am 28. Juni fand im Erinnerungsort Topf & Söhne die dritte Verleihung des Jochen-Bock-Preises für Zivilcourage statt. 2014 zum ersten Mal vergeben, rückte dieser Preis den Widerstand von fünf Erfurter Handelsschülern gegen das nationalsozialistische Regime erstmals in den Fokus der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit. Der Förderkreis Erinnerungsort Topf & Söhne e. V. hat diesen Preis ins Leben gerufen, um den Mut von Jochen Bock und seinen Gefährten zu würdigen und an ihr Schicksal zu erinnern. Gemeinsam mit der Martin-Niemöller-Stiftung ehrt er damit an einem Ort der Mittäterschaft, dem ehemaligen Firmengelände von J. A. Topf & Sohne, Menschen, die die "Bürgerpflicht zum Nein-sagen" (Fritz Bauer) gegen Antisemitismus, Antiziganismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in ermutigender Weise wahrgenommen haben.

In diesem Jahr wurden der Altprobst Heino Falcke, die Aktivistin gegen rechten Hass auf Graffitis und Aufklebern Irmela Mensah-Schramm und der Vorsitzende der jüdischen Landesgemeinde Reinhard Schramm ausgezeichnet.

Nachdem Rüdiger Bender, der Vorsitzende des Förderkreises Erinnerungsort Topf & Söhne e. V. und Annegret Schüle, die amtierende Direktorin der Erfurter Geschichtsmuseen und Kuratorin des Erinnerungsortes, die Gäste begrüßt hatten, wurde der erste Preisträger ausgezeichnet.

Heino Falcke, für den die Theologiestudentin Julia Braband die Laudatio sprach, wurde geehrt, weil er sich immer wieder für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzte, weil er die Kirche als eine „Kirche für Andere“ erfahrbar werden ließ und dabei zur eigenen Mündigkeit ermutigt. Deutlich wurde, dass die Themen, denen Heino Falcke sich so intensiv und leidenschaftlich gewidmet hat, heute noch wichtig sind und wieder wichtiger werden. Julia Braband schloss ihre bewegende Laudatio mit den Worten: "Aber nicht nur Christinnen und Christen sind aufgefordert, sondern alle. Jeder Mensch ist aufgefordert. Auch die, die meinen, sie hätten nichts zu sagen. Einfach jede und jeder. Dann wären die Stimmen der Populisten kaum noch hörbar. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit hätte keine Chance. Aber die „Scheißegal-Mentalität“ hilft auf dem Weg zu mehr Frieden und Gerechtigkeit leider nicht weiter. Deshalb braucht es umso mehr Menschen wie Sie, lieber Heino Falcke! Wenn nur jeder fünfzehnte so wäre, hätte die Welt schon an Gerechtigkeit gewonnen."

Irmela Mensah-Schramm, gewürdigt durch eine Laudatio der Bundestagsabgeordneten Martina Renner, erhielt den Preis dafür, dass sie seit Jahrzehnten in ganz Deutschland Zeichen und Bilder der Menschenfeindlichkeit entfernt oder in positive Botschaften verändert. Dadurch verwandelt sie Hassräume in Mutorte für Mitmenschlichkeit und zeigt, wie wichtig es ist, selbst aktiv zu werden und solche Hassbotschaften nicht einfach hinzunehmen. Martina Renner betonte dazu: "Denn aus Hasswörtern werden Brandsätze oder auch Projektile, die töten – wie im Fall Walter Lübcke. Die einen führen die Worte und die anderen führen die Waffen."

Reinhard Schramm, der mit seiner jüdischen Mutter die Shoah als Kind im Versteck überlebte, wurde dafür ausgezeichnet, dass er sich kraftvoll und streitbar gegen jede Form der Menschenverachtung engagiert. Dabei sucht er auch die direkte Auseinandersetzung mit jungen rechtsextremen Gewalttätern und führt zum Teil lange Gespräche mit den Jugendlichen, immer in der Hoffnung Denkprozesse anzustoßen, vor Rückfällen zu bewahren. Für ihn hielt Rabbiner Walter Homolka die Laudatio. Über den Preisträger sagte er: "Mich beeindruckt, dass Reinhard Schramm dennoch in schwierigsten Situationen und mit Blick auf eine gemischte Erfolgsprognose den Dialog durchhält, ohne sich zu verbiegen aber auch ohne Brücken künftiger Verständigung abreißen zu lassen. Dabei ist er mutig und unbequem, zugleich sensibel und von zärtlicher Zugewandtheit."

Musikalisch wurde der Abend durch das Misrach Quartett begleitet. Regina Herrlich, Lev Guzmann, Boris Langenbach und Lutz Balzer spielten eigens für die Geehrten ausgewählte Lieder.

Den Jochen-Bock-Preis erhielten bereits Eva Fahidi-Pusztai, Karl Metzner, Wolfgang Nossen, Ludwig Baumann, Esther Bejarano und Romani Rose.