Matthias Stein: Ansprache zur Eröffnung der Ausstellung "Kicker, Kämpfer, Legenden"

08.05.2015 17:00

"Denn der Fußball hat die integrative Kraft, verschiedenste Menschen zusammenzubringen. Fußball ist das Medium, um Werte wie Fairness, Toleranz und Weltoffenheit zu vermitteln. Der Fußball kann aber auch missbraucht werden."

Matthias Stein, Leiter des Fan-Projektes Jena e. V.

Foto: Matthias Stein, Leiter des Fan-Projektes Jena e. V. Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst darf ich Ihnen die herzlichsten Grüße von Herrn Präsident Lutz Lindemann überbringen, dem es, das weiß ich, eine große Ehre und Verpflichtung gewesen wäre, heute hier persönlich zu Ihnen zu sprechen. Und ich finde es mehr als bedauerlich, dass er durch die kurzfristige Terminierung seitens anderer Vereinsorgane daran gehindert wird.

Ich bitte gleichzeitig um Ihr Verständnis, dass ich hier jetzt nicht die Worte von Lutz Lindemann vorlese; ich lege sie Ihnen aber ausdrücklich ans Herz; sie können sie auf dem entsprechenden Rollup in der Ausstellung zusammen mit den ebenso klugen Gedanken von Präsident Rombach nachlesen, und es ist für mich ein deutliches Zeichen, dass bei diesem Thema die Statements der beiden führenden Thüringer Fußballvereine einträchtig nebeneinander auf einer Tafel stehen.

Wenn wir diese Ausstellung anschauen, dann sehen wir einerseits Bilder und Dokumente, die von Sportsgeist, Tatendrang und Lebensfreude künden, und gleichzeitig blicken wir in einen Abgrund an Rassenhass, Verfolgung und Völkermord, quasi direkt in den Schlund der Hölle. Heute, am 70. Jahrestag der Befreiung von der Barbarei des deutschen Faschismus, blicken wir immer noch in diesen Abgrund. Vor nicht ganz vier Jahren konnten wir besonders tief blicken, und die Bestie erschien in Gestalt von "Paulchen Panther". Zuständige Behörden hatten gnadenlos und erbärmlich versagt. Heute sehen wir ThüGIDA, HoGeSa, NPD und den "III. Weg" auf Thüringens Straßen marschieren.

Für mich von Bedeutung ist dabei die Tatsache, dass sich immer wieder junge Leute, insbesondere auch aus den Fankurven, den Nazis in den Weg stellen. Wir haben es vor einigen Jahren geschafft, das unsägliche "Fest der Völker" in Jena zunächst zu behindern und schließlich zu vertreiben, mit Courage und zivilem Ungehorsam – gegen Nazis, gegen Verwaltungsgerichte, gegen Knüppel und Pfefferspray. Und ich frage mich, ob mancher Verwaltungsrichter, der diese Hetzveranstaltungen immer wieder gegen kommunale Verbotsverfügungen ermöglichte, immer noch gut schlafen kann, angesichts der Tatsache, dass der Hauptdrahtzieher dieses "Festes" heute in München auf der Anklagebank sitzt.

Wir werden auch den heutigen braunen Spuk in die Schranken weisen, auf den Straßen und in den Fußballstadien. Und dabei stehen viele junge Menschen auf der richtigen Seite! DAS ist ein wichtiger Teil unserer Klientel, und wir sind stolz auf dieses Engagement unserer aktiven Fanszene! Als Fanprojekt werden wir diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer wieder begleiten, stärken, fördern und unterstützen. Genauso, wie wir jenen, die noch nicht genau wissen, wo sie hingehören, die von der anderen Seite umworben und umgarnt werden, immer wieder Angebote machen werden: zu Information, politischer Bildung, wenn erforderlich auch im Rahmen unserer Kooperation mit der Thüringer Ausstiegsberatung, aber auch stets mit Sport, Spiel und Spaß.

Denn der Fußball hat die integrative Kraft, verschiedenste Menschen zusammenzubringen. Fußball ist das Medium, um Werte wie Fairness, Toleranz und Weltoffenheit zu vermitteln. Der Fußball kann aber auch missbraucht werden. Wo die Rattenfänger auftreten – Versuche gab es bekanntlich – müssen wir ihnen entschieden entgegentreten! Deshalb haben besonders die Vereine eine große Verantwortung. Es gilt, den positiven Kräften in den Kurven den Rücken freizuhalten, und selbst klar Position zu beziehen. Verharmlosung oder windelweiche Beschwichtigung führen ins Dilemma! Aachen, Braunschweig, Duisburg oder Düsseldorf sollten uns eine Warnung sein! Insofern habe ich auch keinerlei Verständnis für die Frage, ob bestimmte Banner oder Spruchbänder gegen Rechts in einem Stadion "provozierend" sein könnten – wenn immer der Klügere nachgibt, triumphiert am Ende die Dummheit!

Wir sind deshalb froh, dass der FC Carl Zeiss Jena uns als Fanprojekt wie auch der aktiven Fanszene ein guter und konstruktiver Partner ist!

Vor Wochenfrist hat der FC Carl Zeiss Jena die Band „Heaven Shall Burn“ als neuen Sponsor vorgestellt. Auf der Facebook-Seite der Band stand gleich unter der Nachricht zum Sponsoring der Aufruf zur Gegendemo in Saalfeld – wenn das nicht passt! Daher möchte ich schließen mit einer Titelzeile von "Heaven Shall Burn":

Destroy Fascism!

Ich wünsche der Ausstellung viel Erfolg und unzählige interessierte Besucherinnen und Besucher!