Thüringer Landeszeitung: Noch ist es nicht zu spät. Doch die Zeit drängt

01.03.2024 10:00

In seinem Gastbeitrag zur Lage im Land macht Hendrik Cremer deutlich, wie ernst die Situation ist

von Hendrik Cremer

Seit 2014 ist in Deutschland mit der AfD eine Partei in die Parlamente eingezogen, die die freiheitliche rechtsstaatliche Demokratie beseitigen will. Die Partei hat sich seit ihrer Gründung fortschreitend radikalisiert. Sie weist in ihrer Programmatik klar erkennbare Parallelen zur nationalsozialistischen Ideologie auf, für die insbesondere auch Björn Höcke steht.

Im Diskurs über die AfD wird der fortgeschrittene Prozess ihrer Radikalisierung allerdings nicht ausreichend abgebildet. Die Partei wird regelmäßig verharmlost, ihre Ziele und ihr Streben nach Gewalt werden regelmäßig ausgespart. Zugleich erzielt die AfD hohe Zustimmungswerte, und Vertreter/-innen demokratischer Parteien grenzen sich nicht genügend von ihr ab. Hinzukommt, dass es in der schulischen und außerschulischen Bildung an Aufklärungsarbeit über die Partei mangelt, was zur Folge hat, dass es für viele, auch junge Menschen, nicht genügend Möglichkeiten und Angebote gibt, sich darüber zu informieren, welche Gefahr von der AfD tatsächlich ausgeht.

Die AfD will darauf hinaus, die Gültigkeit der Menschenrechte und den Rechtsstaat in Deutschland abzuschaffen. Sind diese einmal abgeschafft, dann wäre niemand mehr vor willkürlichem Handeln geschützt. Es würde Menschen geben, die dies zuerst spüren würden, diejenigen, die die AfD bereits jetzt erkennbar ins Visier nimmt: Menschen, die der AfD nicht deutsch genug sind, beziehungsweise Menschen, die nach den Vorstellungen der AfD von einem „gesunden Volkskörper“ nicht gesund beziehungsweise leistungsfähig genug sind. Es würde Andersdenkende treffen, es würde diejenigen treffen, die sich an den anvisierten Verbrechen der AfD nicht beteiligen würden. Es könnte genauso Menschen treffen, die der AfD – aus welchen Gründen auch immer – heute vertrauen, denen die AfD aber schon morgen ihre Rechte absprechen würde. Die Ideologie der AfD interessiert sich bereits vom Grundansatz nicht für einzelne Menschen, nicht für Individuen. Sie strebt vielmehr nach absoluter Macht und erhebt dabei einen totalitären Anspruch – ihre menschenverachtende Ideologie würde schließlich alle staatlichen und gesellschaftlichen Bereiche durchziehen.

Es braucht angesichts der anstehenden Wahlen in diesem Jahr dringend mehr Aufklärungsarbeit über die AfD, in die sich möglichst viele Menschen insbesondere auf der lokalen Ebene einbringen, um den Täuschungsmanövern der AfD entgegenzutreten, die ihr Streben nach brachialer Gewalt regelmäßig kaschiert. Die AfD ist eine Gefahr für die freiheitliche rechtsstaatliche Demokratie sowie für ein menschliches und gewaltfreies Miteinander in diesem Land. Es wird höchste Zeit, diese Erkenntnis in die Gesellschaft zu tragen. Noch ist es nicht zu spät. Doch die Zeit drängt.

Hendrik Cremer ist Autor von „Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen. Wie gefährlich die AfD wirklich ist“, Berlin Verlag. Das Buch wird am Donnerstag, 14. März, 19 Uhr, im Erfurter Erinnerungsort Topf & Söhne vorgestellt. Im Gespräch mit Cremer wird Jens-Christian Wagner, Gedenkstätte Buchenwald, sein.