„Der Dienstbetrieb ist nicht gestört“. Die Deutschen und ihre Justiz 1943–1948

09.03.2023 18:00 – 09.03.2023 20:00

Buchvorstellung und Gespräch mit Prof. Dr. Benjamin Lahusen, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)
Moderation: Dr. Udo Schneider, Präsident des Verwaltungsgerichtes Meiningen

große Gruppe von Personen bei einer Veranstaltung im Erinnerungsort Topf & Söhne
Veranstaltung im Erinnerungsort Topf & Söhne Foto: © Boris Hajduković
09.03.2023 20:00

„Der Dienstbetrieb ist nicht gestört“. Die Deutschen und ihre Justiz 1943–1948

Genre Veranstaltung
Veranstalter Stadtverwaltung Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne
Veranstaltungsort Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7, 99099 Erfurt

Buchvorstellung und Gespräch

Kaum beirrt von Bombenkrieg, Kapitulation und alliierter Besatzung liefen Gerichtsverfahren vor und nach 1945 einfach weiter, mit denselben Akteuren, nach den gleichen Regeln. Der Rechtshistoriker Benjamin Lahusen deckt in seiner Studie weitgehende Kontinuitäten der deutschen Justiz auf und zeichnet so das eindringliche Bild einer Gesellschaft, die den großen Einschnitt so klein wie möglich hielt.

Stuttgart, im September 1944: Das Justizgebäude wird durch neun Sprengbomben und zahlreiche Brandbomben weitgehend zerstört, doch stolz meldet der Generalstaatsanwalt, dass bereits am nächsten Morgen „noch in den Rauchschwaden ... eine Reihe von Strafverhandlungen durchgeführt“ wurden. Auch andernorts wird der Dienstbetrieb in teils noch brennenden Gebäuden aufrechterhalten, später selbst unter Artilleriebeschuss.

Benjamin Lahusen hat sich die Akten zahlreicher Gerichte – darunter des Amtsgerichts Auschwitz – aus den Jahren vor und nach 1945 angesehen und beschreibt, wie weder „Endkampf“ noch staatlicher Zusammenbruch den juristischen Dienstbetrieb unterbrechen konnten. Er erklärt, warum ein Stillstand der Rechtspflege unter allen Umständen vermieden werden sollte, und zeigt, wie nach dem Krieg altgediente Juristen pflichtbewusst das alltägliche Recht des „Dritten Reichs“ so weiterführten, als wäre nichts passiert.

Der Autor ist Professor für Bürgerliches Recht und Neuere Rechtsgeschichte sowie Berater der Geschäftsstelle der Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz.

In Zusammenarbeit mit
Landeszentrale für politische Bildung Thüringen

Erfurter Juristische Gesellschaft e.V.
Eine Veranstaltung im Rahmen der 31. Jüdisch-Israelischen Kulturtage