Thüringer Allgemeine: Marlene Dietrich: Diva mit klarem Nein zum Nationalsozialismus
von Frank Karmeyer
Erfurt. Eine Diva, ein Sexsymbol, eine verehrte Filmschauspielerin und ein Welt-Star: All das war Marlene Dietrich. Für Annegret Schüle, amtierende Direktorin der Erfurter Geschichtsmuseen, ist die Dietrich vor allem eines: eine Person mit Anstand und Haltung. Denn auch wenn sich die Schauspielerin stets selbst als "unpolitische Person" bezeichnet hat, habe sie sich klar gegen die Nazis gestellt. Darum geht es in der neuen Ausstellung im Erinnerungsort Topf & Söhne, der die Verbindung von Glamour und Gedenken anhand von Filmdokumenten, Briefen, Filmszenen, Fotos und vielen Dokumenten auf 28 Tafeln gelingt.
"Marlene Dietrich war jemand, der Nein gesagt hat", so Schüle. Die Schauspielerin habe anders als viele ihrer Kollegen eine stets ablehnende Haltung gegenüber den Nazis gezeigt, klar den Verlockungen einer Verbrüderung mit den Mächtigen jener Zeit widerstanden. Joseph Goebbels, der sie sich aus den USA nach Deutschland zurückwünschte, zeigte die Diva die kalte Schulter. Sie erlebte wie tausende ihrer jüdischen Künstlerkollegen fliehen mussten, um arischen Kollegen Platz zu machen. Zu vielen Geflohenen hat Marlene Dietrich Kontakt gehabt, diese mit Aufträgen zu unterstützen versucht, erklärt Annegret Schüle. Anhand von Musikstücken und Biografien wird dieser oft in Vergessenheit geratenen Personen in der Ausstellung gedacht.
1944 reiste Marlene Dietrich zu Auftritten für amerikanische Soldaten, um deren Moral zu stärken, durch Europa und Nordafrika – auch davon erzählt die Ausstellung. Und davon, dass sie am Denkmal des Ghetto-Aufstandes von Warschau einen Kranz niedergelegt hat, ehe es dort zu Willy Brandts berühmten Kniefall kam.
Anders als die Firmenchefs von Topf & Söhne, die ohne Not Geschäfte mit den Nazis machten, habe sich Marlene Dietrich bewusst gegen eine Zusammenarbeit und damit gegen den Mainstream entschieden, so Schüle. "Sie hat eine Position des menschlichen Anstands vertreten", so die Leiterin des Erinnerungsortes. Sie habe sich vielleicht nie in dieser Richtung geäußert, dies aber klar durch ihr Handeln und ihre Kunst ausgedrückt.
Die Ausstellung macht nun eine Frau sichtbar, "die ihre Zeit verändert hat und nicht nur mit langen Beinen, rauchiger Stimme und laszivem Blick Männern wie Frauen den Kopf verdrehte", heißt es im Heft zum Begleitprogramm, zu dem Diskussionen mit Zeitzeugen und Filmvorführungen ("Eine Auswärtige Affäre" am 22. November und "Urteil von Nürnberg" am 6. Dezember) gehören.