Die „Umarmung der Synagoge“ – Gedenken an den Anschlag in Halle

09.10.2020 17:00

Anlässlich des ersten Jahrestages des Anschlags auf die Synagoge in Halle fanden am Freitag, den 9. Oktober 2020, um 16 Uhr eine von den „Omas gegen Rechts“ organisiert Gedenk-Aktion an der Neuen Synagoge Erfurt und eine anschließende Demonstration statt.

Foto: Der leitende Polizeidirektor Hans-Peter Goltz, der Vorsitzende des Förderkreises Erinnerungsort Topf & Söhne Rüdiger Bender und Ministerpräsident Bodo Ramelow (von links) Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Anlässlich des ersten Jahrestages des Anschlags auf die Synagoge in Halle fanden am Freitag, den 9. Oktober 2020, um 16 Uhr eine von den „Omas gegen Rechts“ organisiert Gedenk-Aktion an der Neuen Synagoge Erfurt und eine anschließende Demonstration statt. Am Vormittag, von 11:45 Uhr bis12:20 Uhr und damit zur genauen Tatzeit des Anschlags am 9. Oktober 2019, rief der Förderverein Erinnerungsort Topf & Söhne e. V. zu einer Aktion vor dem Hauptbahnhof auf. Es versammelten sich Vertreter/-innen der „Omas gegen Rechts“, der Leitende Polizeidirektor Hans-Peter Goltz, Ministerpräsident Bodo Ramelow, Vertreter/-innen der evangelischen Kirche, der Vorsitzende des Erfurter Ausländerbeirates Jose Paca sowie Freiwillige aus dem Erinnerungsort Topf & Söhne und bildeten mit Bannern einen großen Halbkreis auf dem Willy-Brandt-Platz. Der Vorsitzende des Förderkreises Erinnerungsort Topf & Söhne, Rüdiger Bender, rekapitulierte für die sich am Bahnhof versammelten Passant/-innen den Ablauf der Tat und rief zu Solidarität mit der jüdischen Gemeinde und zum Engagement gegen Rechtsextremismus auf. Auch Hans-Peter Goltz ergriff das Wort und distanzierte sich von antidemokratischen Einstellungen in der Polizei. Er betonte, die Polizei schütze keine Rechtsextremisten, sondern das Grundgesetz. Ministerpräsident Ramelow erinnerte daran, dass die Verbrennungsöfen in Auschwitz, die als Symbol des Massenmordes an den europäischen Juden bekannt wurden, von der Erfurter Firma Topf & Söhne gebaut wurden. Er hielt während der Versammlung ein Bild von der Synagogentür in Halle in seinen Händen.

Foto: Menschenkette um die Erfurter Synagoge Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Um 16 Uhr bildeten etwa 150 Menschen eine Kette um die neue Synagoge Erfurts als symbolische Umarmung. Ganz im Stile der Corona-Zeit wurde die Kette mit Bändern geschlossen, so dass der Sicherheitsabstand gewahrt werden konnte. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Thüringens Prof. Dr. Reinhard Schramm bedankte sich bei den Teilnehmenden und äußerte den Wunsch, dass hoffentlich bald das Wort „Jude“ auf deutschen Schulhöfen keine Beleidigung mehr sei, sondern mit Respekt ausgesprochen werde. Anschließend wurde ein Grußwort einer amerikanischen Jüdin verlesen, die sich zur Tatzeit in der Synagoge in Halle aufgehalten hatte. Sie forderte konkretes Handeln gegen den heutigen Antisemitismus und wies darauf hin, dass der rechtsextreme Attentäter als angeblicher Vertreter einer weißen Herrenrasse auch von seinem Hass gegen Frauen und Muslime getrieben war. Es wurden Kerzen für die beiden bei dem Anschlag ermordeten Menschen angezündet und Klezmermusik gespielt. Danach zogen die Teilnehmenden gemeinsam mit Musik und Plakaten durch die Stadt zum Platz vor der Erfurter Staatskanzlei, wo es im Juli zu einem Angriff mit mutmaßlich rechtsextremistischem Hintergrund gekommen war. Vor der Staatskanzlei sprach erneut Ministerpräsident Bodo Ramelow, der auch bei der symbolischen Umarmung der Synagoge dabei gewesen war. Eine Vertreterin der „Omas gegen Rechts“ erklärte, die Omas wären „alt, aber nicht stumm“ und appellierte an die Teilnehmenden der Demonstration: „Achten Sie auf Ihre Mitmenschen und schützen Sie unsere Demokratie!“

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