Zeugnisse aus den Todesfabriken

Als Zeugen des Massenmordes versuchten KZ-Häftlinge schon vor der Befreiung von Auschwitz Zeugnisse zu hinterlassen. Hier versammelt sind Berichte von Angehörigen der Sonderkommandos, die gezwungen waren, in den Krematorien zu arbeiten. Sie dokumentieren die Abläufe von Massenmord und Leichenbeseitigung aus eigener Anschauung. Sie bezeugen, was den Menschen dort angetan wurde. Zugleich bestätigen sie die Bedeutung, die Topf & Söhne für die Perfektionierung der industriell betriebenen Vernichtung hatte.

Foto: Aschekapseln und Kleiderreste aus dem ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald in der Dauerausstellung "Techniker der 'Endlösung'" Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Heimliche Aufzeichnungen von Chaim Herman

„Seitdem ich hier bin, habe ich niemals an die Möglichkeit der Rückkehr gedacht, ich wusste ebenso wie wir alle, dass die Verbindung mit jener Welt unterbrochen ist, es ist hier eine andere Welt. Wenn ihr wollt, so ist es die Hölle, aber Dantes Hölle ist ungeheuerlich lächerlich im Vergleich zur Wirklichkeit von hier und wir sind ihre Augenzeugen, die nicht überleben dürfen.“

Aus den heimlichen Aufzeichnungen von Chaim Herman, Häftling des Sonderkommandos, Ende November 1944 von der SS ermordet.

Zeugenaussage von Henryk Tauber

„Jedes Krematorium hatte zwei eiserne Tragen zum Laden der Leichen in die Öfen. [...] Zwei Häftlinge legten die Leichen darauf. Sie legten sie so ab, dass die erste Leiche mit den Beinen zur Verbrennungskammer, dem Rücken nach unten und dem Gesicht nach oben hingelegt wurde. Auf diese Leiche wurde ebenfalls mit dem Gesicht nach oben eine zweite gelegt, deren Kopf in Richtung der Verbrennungskammer zeigte. Das wurde deshalb gemacht, damit die obere Leiche die Beine der unten liegenden Leiche nach unten drückte und die Beine der oben liegenden Leiche nicht in den Ofen gedrückt werden mussten, sondern selbst in den Ofen hineingezogen wurden. Zwei Häftlinge befassten sich damit, die Leichen auf die Tragen zu laden. Zwei andere Häftlinge standen bei einer an ihrem Ende näher zur Verbrennungskammer hin unter der Trage durchgeführten Stange. Während die Leichen auf die Trage gelegt wurden, öffnete einer von ihnen die Tür der Verbrennungskammer, und der andere setzte die Trage auf die Rollen auf. Der fünfte Häftling hob die Trage an den Griffen hoch und stieß die Trage, nachdem die beiden vorgenannten sie an der Stange hochgehoben und auf die Rollen aufgesetzt hatten, in die Verbrennungskammer. Wenn sich die Leichen dann in der Verbrennungskammer befanden, hielt sie der sechste Häftling mit einer eisernen Rührstange im Inneren der Verbrennungskammer fest, und der fünfte zog die Trage unter ihnen weg. [...] Schließlich kontrollierte der SS-Kommandoführer auch nach jedem Laden, ob die Öfen auch richtig geladen waren. Wir mussten ihm die Tür jeder Verbrennungskammer aufmachen und wir sahen bei dieser Gelegenheit, was im Inneren geschieht.“

Henryk Tauber, ehemaliger Häftling des Sonderkommandos, bei seiner Zeugenaussage vor der polnischen Untersuchungskommission zu den in Auschwitz begangenen Verbrechen, Mai 1945